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Ein neues Zeitalter der Kooperationen

15. Juni 2017

Dr. Marc Surminski |

In der deutschen Versicherungswirtschaft ist ein neues Zeitalter der Kooperationen angebrochen. Früher haben alle alles selbst gemacht, heute sind die Herausforderungen offenbar so groß geworden, dass man sich im Einzelfall besser zusammentut. Und bevor der Konzentrationsprozess und die Übernahmeaktivitäten womöglich auch das eigene Unternehmen verschlingen, kooperiert man aus einer Position der relativen Stärke lieber rechtzeitig mit Partnern, die in einer ähnlichen Lage sind.

In den letzten zwölf Monaten hat es drei bemerkenswerte Beispiele für eine Zusammenarbeit gegeben, wie sie früher undenkbar war: Die vier Krankenversicherungsvereine Gothaer, Barmenia, Signal und Hallesche haben eine gemeinsame Gesellschaft für das Leistungsmanagement gegründet – aus der Einsicht heraus, dass die einzelnen PKV-Unternehmen allein kaum Möglichkeiten haben, im Gesundheitsmarkt Verbesserungen durchzusetzen und damit die Leistungsausgaben langfristig zu begrenzen. Die Vereine Debeka, HUK-Coburg und Concordia kooperieren bei der Schaffung eines gemeinsamen PKV-Vergleichsportals – aus der Einsicht heraus, dass einzelne Gesellschaft allein wenig bewegen können, wenn es um die Schaffung einer PKV-Präsenz im Internet geht.

Die fünf Versicherungsvereine, die sich kürzlich als „Das Rentenwerk“ zusammengeschlossen haben, sind das aktuellste Beispiel. Sie wollen bei der neuen Nahles-Rente den großen Anbietern Paroli bieten – aus der Einsicht heraus, dass einzelne Gesellschaften in diesem neuen Geschäftsfeld wenig zu bestellen haben, wenn ihnen die nötige Größe fehlt, um hier mit den Tarifpartnern verhandeln und entsprechende Leistungen für eine Masse von Kunden anbieten zu können.

Für die deutschen Versicherer ist das ein Paradigmenwechsel. Noch bietet die Mehrheit ein Rundumsortiment an. Noch ist auch die Fertigungstiefe in der Branche beachtlich, und Kooperationen etwa bei der Zulieferung von White-Label Produkten sind noch wenig verbreitet. Aber es wächst zumindest bei den lange Zeit als gestrig kritisierten Vereinen die Einsicht, dass man gewaltige Aufgaben wie etwa die Digitalisierung oder die neue bAV nicht mehr selbst bewältigen kann. Die Anforderungen durch Solvency II tun ein Übriges, damit sich jeder Versicherer künftig genau überlegen muss, was noch sinnvoll in Eigenregie zu betreiben ist und was nicht. Der Verkauf von Tochtergesellschaften oder der Run-off von Geschäftsbereichen dürften in Zukunft häufiger Ergebnis dieser Überlegungen sein.

Wie weit sich der Markt verändert, zeigt gerade der Blick auf die bAV: Bei der letzten großen Reform kurz nach der Jahrtausendwende hatten auch schon manche Beobachter mit vermehrten Kooperation und Konsortien für die neuen Pensionskassen und Pensionsfonds gerechnet. Damals war der Druck auf die Versicherer aber noch nicht groß genug, sich hier zusammenzuschließen. Das gilt auch für das Riester-Geschäft, bei dem manche Versicherer heute mit kleinen, teuren Beständen dasitzen, die kaum ins Verdienen zu bringen sind. Jetzt ist das Marktumfeld mit der Zinskrise deutlich rauer. Solvency II war schon ein Kraftakt für die Versicherer, die Digitalisierung wird noch herausfordernder, und der Erfolg ist hier keineswegs garantiert.

Heute kann sich kein Vorstand mehr auf teure Alleingänge einlassen. Die Kunst besteht darin, intelligente Formen der Kooperation zu finden, um weiter alle Chancen nutzen zu können. Dadurch nimmt die Komplexität im Management erheblich zu. Wichtig ist, dass die Versicherer überhaupt definieren können, was künftig ihr Kerngeschäft sein soll und wo denn eigentlich ihre Stärken liegen. Wer bislang einen klassischen Gemischtwarenladen betrieben hat und damit immer solide im Markt mitgeschwommen ist, muss jetzt Farbe bekennen.

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