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Gefährliche politische Handlungsunfähigkeit in der Altersvorsorge

15. Februar 2021

Dr. Marc Surminski |

Wenn nicht noch ein Wunder geschieht, versagt die Große Koalition bei der großangekündigten Reform der geförderten Altersvorsorge. Damit wären vier Jahre verschenkt, in denen man die Weichen für zusätzliche Vorsorge neu hätte stellen und wie im Koalitionsvertrag geplant ein vereinfachtes und kostengünstiges Modell schaffen können. Vier Jahre, in denen die Bürger mehr gegen die Rentenlücke im Alter hätten tun können. Alle wissen, dass diese Lücke künftig noch größer wird. Aus Erkenntnis folgte aber kein Handeln.

Die Handlungsunfähigkeit speist sich aus dem tiefen Gegensatz der beiden Koalitionspartner in dieser Frage. Die SPD, in Schröders Agenda-Zeiten ein Motor der Altersvorsorgereform, hat Riester und Rürup längst aufgegeben. Wolkige Visionen von einer Stärkung der gesetzlichen Rente verbinden sich bei ihr mit unrealistischen Hoffnungen auf die bAV als Retter der Altersvorsorge. Leider hat sich hier das zentrale Projekt – die Sozialpartner-Rente – bislang als vollständiger Rohrkrepierer erwiesen. Die bAV läuft zwar gut – auch dank einiger Detailverbesserungen durch die Politik. Aber sie bleibt doch weit unter ihren Möglichkeiten.

Die SPD blockiert die überfällige Riester-Reform, kann sich aber auch nicht zum Aufbruch in neue Welten, etwa zu einer Art „Deutschland Rente“ auf Aktienfonds, entschließen. So mutig die Sozialdemokraten bei Nahles beim Garantie-Verzicht noch waren – heute will die Partei mit dem Kapitalmarkt („Zocken für die Rente!“) offenbar überhaupt nichts mehr zu tun haben. Auf eine intelligente, arbeitnehmerfreundliche Lösung, wie man auch Geringverdiener besser am Kapitalmarkt beteiligen könnte, um ihre Einkünfte im Alter zu stärken, wartet man bislang vergebens. Mag die Einführung der Riester-Rente auch in den Augen vieler Genossen ein grundsätzlicher Fehler gewesen sein – jetzt hätte man die Gelegenheit gehabt, es besser zu machen.

Die Union hat bei der Reform der Altersvorsorge auch kein glänzendes Bild abgegeben. Die Reformkonzepte für Riester – durchaus im Sinne der Reformvorschläge des GDV und anderer Finanzverbände – drückten sich letztlich vor den entscheidenden Fragen: Wie kann man die Kosten drastisch senken und gleichzeitig die Verbreitung drastisch erhöhen? Auch in der Union gibt es mittlerweile Sympathien für die Schaffung eines kostengünstigen Standardproduktes, das weitgehend ohne Vertrieb auskommt.

Die aktuelle politische Lähmung bei der Reform der Altersvorsorge lässt alle nun auf die Bundestagswahl schauen. Wird das zu einer Richtungswahl, nach der schwarzgrüne Reformprojekte auch die Landschaft der geförderten Altersvorsorge vollständig verändern könnten? Die deutschen Versicherer und die Vermittler sollten sich auf radikale Pläne einstellen. Wenn es zum Schwur kommt, werden auch sie ein Standardprodukt mit drastisch reduzierten Kosten anbieten müssen – einfach und digital abzuschließen, schlank zu verwalten und mit sehr niedrigen Gewinnmargen. Nur das könnte sie in der Konkurrenz zu einem neuen, staatlich organisierten Standardprodukt à la Deutschland Rente dann noch im Spiel halten. Die Handlungsunfähigkeit der Großen Koalition bei der Reform der Altersvorsorge in den letzten vier Jahren kann der Branche mit ihren jetzigen Kosten und Vertriebsstrukturen künftig noch schwere Probleme bereiten, wenn sich ganz andere, radikale Konzepte durchsetzen.

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