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Im Überlebenskampfmodus

21. Februar 2018

Es ist ein bizarrer politischer Treppenwitz: Die FDP ließ die Jamaika-Verhandlungen platzen, weil sie dort ihr marktwirtschaftliches Profil in Gefahr sah. Jetzt könnte es zu einer Großen Koalition kommen – und sofort ist die Forderungen nach einer Bürgerversicherung da, die dem kleinen marktwirtschaftlichen Rest im deutschen Gesundheitswesen den Garaus machen würde. „Vielen Dank an die Freunde der FDP“, dürft jetzt so mancher PKV-Vorstand sagen und dabei die Augen verdrehen.

Quasi über Nacht tut sich mit den SPD-Forderungen nach einer Bürgerversicherung vor der PKV ein Abgrund auf – und es ist nicht sicher, dass der Sturz in diesen Abgrund erneut verhindert werden kann. Denn für eine Große Koalition müsste auch die geschwächte Union Opfer bringen. Das ideologisch höchst belastete Thema „Gerechtigkeit im Gesundheitswesen“ könnte sich besonders gut anbieten, um die demoralisierten Sozialdemokraten glücklich zu machen.

Das Thema ist sozialpolitisch vergiftet. Trotz der großen aktuellen Zufriedenheit mit dem deutschen Gesundheitssystem sorgt die These von der „Zwei-Klassen-Medizin“ auch bei Menschen, die eigentlich keine große Reform wollen, für Aufregung. Daher ist es sinnvoll, wenn die PKV jetzt wieder verstärkt darauf hinweist, was wirkliche Zwei-Klassen-Medizin ist: In einem vom Staat gesteuerten einheitlichen Gesundheitssystem gibt es langfristig schlechte Leistungen für alle – und die Chance für die Reichen, sich gute Privatmedizin zu kaufen, um der Einheitsversorgung zu entfliehen.

Die PKV ist von Null auf Hundert in den Überlebenskampfmodus gewechselt. Eines der Argumente, dass sie momentan in den Vordergrund stellt, ist der finanzielle Segen, den die PKV-Patienten für das Gesundheitssystem bedeuten. Dies ist zweifellos richtig – trotzdem handelt es sich dabei um ein gefährliches Argument: Dass PKV-Versicherten für die oft gleichen Leistungen deutlich mehr Geld abgeknüpft wird, ist kein Systemvorteil, sondern ein fragwürdiger Auswuchs des dualen Systems, den die Leistungserbringer gern für sich nutzen. Privatpatienten sind eher weniger begeistert davon, dass sie mit ihren Beitragserhöhungen den Wohlstand der Ärzte und den medizinischen Fortschritt bezahlen.

Viel wichtiger für die Zukunft des Gesundheitssystems in Deutschland ist jedoch eine ganz andere Frage: Wie können künftig in einer alternden Gesellschaft die steigenden Gesundheitsausgaben finanziert werden, ohne die Patienten zu überfordern und ohne medizinische Leistungen zu rationieren? Hier hat das Umlageverfahren der GKV schlicht keine gute Antwort zu bieten. Das momentane Konjunktur-Hoch und die Rekordeinnahmen der Kassen verdecken nur die zukünftigen Verwerfungen, die durch die Demographie auf das System zukommen: Wie auch das Rentensystem wird es unter der immer größeren Zahl von Rentnern in die Knie gehen, die von einer immer kleineren Zahl von aktiven Beitragszahlern finanziert werden müssen.

Nur die PKV hat darauf mit der Kapitaldeckung eine Antwort. Es ist vielleicht keine perfekte Antwort, aber zumindest gibt es mit den Alterungsrückstellungen einen gewaltigen Puffer, um das private System einigermaßen stabil zu halten. Dieser Vorteil gegenüber dem Umlageverfahren wird von der Öffentlichkeit meist vollkommen unterschlagen. Ihn muss die PKV wieder stärker in den Vordergrund rücken – in der Hoffnung, dass die Stellung der Privatpatienten zumindest im Bestand weiter verfassungsrechtlich geschützt bleibt. Das neue Jahr dürfte für die PKV jedenfalls extrem unruhig beginnen.

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