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Lebenserwartung und Lebensversicherung

1. Februar 2018

Die deutschen Lebensversicherer stehen wieder einmal unter schwerem Beschuss. Ein ehemaliger Manager macht mit seiner These vom baldigen großen Crash in den Medien Stimmung; bei „Hart aber Fair“ kommt es für die Branche vor allem hart, weil auch hier einem Millionenpublikum das Lied vom Ende der Lebensversicherung vorgesungen wird. In der Zinskrise haben die Versicherer zudem alle schwer an den Lasten der Altgarantien zu trage; Meldungen über rekordtiefe Überschussbeteiligungen und große Run-off-Pläne vervollständigen das düstere Bild. Die Panikmache, aber auch die echten schlechten Nachrichten verunsichern die Menschen, die eigentlich allen Grund hätten, angesichts des künftigen demographiebedingten Notstands der gesetzlichen Rente mehr für ihre Altersvorsorge zu tun.

Als ob das alles nicht schon genug wäre, gibt es auch noch bemerkenswerte Zahlen zur Entwicklung der Lebenserwartung, über die diese Zeitschrift im vergangenen Jahr zuerst berichtet hatte: In Großbritannien sprechen die Aktuare mittlerweile schon von einer Trendwende, denn dort ging die durchschnittliche Lebenserwartung von 65Jährigen zwischen 2014 und 2016 spürbar zurück. Unter anderem ungesunde Lebensgewohnheiten und Fettleibigkeit werden als mögliche Ursachen für die Veränderungen genannt. In Deutschland sieht die Aktuarvereinigung bislang nur einen abgeschwächten Trend; der rückläufige Wert für 2016 (ein halbes Jahr geringere Lebenserwartung der 65-Jährigen als in den Vorjahren) liege noch im normalen Schwankungsbereich.

Für die deutschen Lebensversicherer ist das ein heikles Thema. Ihr Schicksal hängt in letzter Zeit ganz wesentlich vom Risikoergebnis ab. Um die Herausforderungen der Zinskrise zu stemmen und die Altgarantien zu bedienen, reichen die schrumpfenden Kapitalerträge häufig nicht mehr aus. „Das Risikoergebnis ist heute die Lebensversicherung der Lebensversicherer“, stellte Prof. Weinmann bei seinen Bilanzanalysen der großen deutschen Lebensversicherer in dieser Zeitschrift fest.

Eine steigende Lebenserwartung macht es möglich, für die jahrzehntelang laufenden Rentenverträge entsprechend hohe Sicherheitszuschläge zu nehmen. Kehrt sich der Trend um, müsste die Branche reagieren und den bei vielen Unternehmen heute wichtigsten Gewinnpuffer reduzieren. Die britischen Kollegen haben damit weniger Probleme, weil sie nicht die Garantierisiken aus Altverträgen im Nacken haben, und nur die attraktiveren Neugeschäftsbedingungen bei der Übernahme von Pensionsverpflichtungen zu nutzen brauchen.

Falls es tatsächlich eine Trendwende bei der Lebenserwartung in Deutschland geben sollte, wäre die Branche nicht nur bei der Kalkulation, sondern auch im Vertrieb in der Zwickmühle: Endlich hatte sie sich in den letzten Jahren auf ihr Alleinstellungsmerkmal bei der Absicherung des Langlebigkeitsrisikos fokussiert und über den GDV eine schwungvolle Kampagne zu diesem Thema unter dem Slogan „Du lebst sieben Jahre länger als Du glaubst“ auf die Straße gebracht. Und dann schlüge ihr die Realität nach 175 Jahren Anstieg der Lebenserwartung ausgerechnet jetzt den Trumpf aus der Hand.

„Abwarten und nachrechnen“ ist nun die Devise. Viele Wissenschaftler werden sich in der nächsten Zeit um das Thema kümmern, das auch eine hohe Brisanz für die Sozialpolitik hat. Aber selbst wenn die Menschen künftig nicht mehr automatisch älter werden, werden sie immer noch alt genug, um vorsorgen zu müssen. Wer als Lebensversicherer dagegen zuletzt vor allem vom Gewinntopf Risikoergebnis gelebt hat, wird langfristig womöglich verstärkt über sein Geschäftsmodell nachdenken müssen.

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