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Mehr als nur die Rettung des Provisionssystems

15. November 2022

Dr. Marc Surminski |

Rettet die BaFin das deutsche Provisionssystem? In Brüssel gibt es Bestrebungen, den Vertrieb von Lebensversicherungen stärker zu regulieren – bis hin zu einem Provisionsverbot. In Berlin verliefen alle Überlegungen zu einer Begrenzung der Vertriebsvergütungen bislang im Sande. Für einen Provisionsdeckel fand sich in der alten Bundesregierung keine Mehrheit; ein in diesem Jahr von der BaFin ins Spiel gebrachter Provisionsrichtwert stieß auf den Widerstand des FDP-geführten Finanzministeriums, das gesetzliche Eingriffe in die Vergütung ablehnt.

Jetzt versucht es die BaFin über einen neuen Ansatz, der auf Wohlverhaltensregeln zur Berücksichtigung der Kundeninteressen basiert – ein Kompromiss, weil eine konkrete Begrenzung der Kosten mit der FDP nicht zu machen ist. Versicherer, deren Vertriebskosten überdurchschnittlich hoch sind, müssen sich auf intensive Gespräch mit der BaFin einstellen – und auf entsprechende Reaktionen im Produktgenehmigungsverfahren.

Das Echo aus der Branche ist verhalten positiv. Offenbar sehen inzwischen auch die Vermittlerverbände, wie groß die Gefahr aus Brüssel ist. Die Aufsicht will mit ihrem Konzept, das die höheren Kosten im Vertrieb letztlich begrenzt, nach eigenen Angaben Schlimmeres verhindern. Das ist ein löblicher Ansatz – aber kann er auch die Richtschnur für den politischen Umgang mit einem zentralen Bereich der Daseinsvorsorge sein, der privaten Altersvorsorge? Angesichts der verschiedenen Ideen für eine neue geförderte Altersvorsorge, bei denen es auch um Opt-Out-Lösungen geht, stellt sich zudem die Frage, ob der Ansatz der BaFin ausreicht, um die Vermittler auch künftig im Spiel zu halten. Er ist wohl angesichts der politischen Konstellation der einzig mögliche Konsens – aber ein fester Richtwert, an dem sich der Markt orientieren könnte, wäre hilfreicher gewesen, um auf einfache Weise „Wohlverhalten“ zu erzeugen.

Zu begrüßen ist der Ansatz der BaFin, nicht nur die reinen Abschlussvergütungen zu begrenzen, sondern auch die übrigen Kosten in den Blick zu nehmen. Wie wichtig das ist, zeigt ein Blick auf die Deckelung der Provisionen in der PKV, den die BaFin nach etlichen Vertriebsskandalen 2012 durchsetzte. Er hat damals den PKV-Vertrieb weitgehend befriedet und aus dem Blick der Politik genommen. Die Deckelung führte in der PKV aber im Endeffekt nicht dazu, dass die Abschlusskosten wirklich sanken. Im Gegenteil. Für deutlich weniger Neugeschäft in der Vollversicherung fallen heute ungefähr die gleichen Abschlussaufwendungen an. Das Geld kommt inzwischen über andere Wege in den Vertrieb, und keiner nimmt daran Anstoß.

Das darf nicht zum Vorbild für die Lebensversicherung werden. Wenn sich die BaFin hier auch in ihrer Rolle als Verbraucherschützer im Einklang mit der IDD als Wahrer der Kundeninteressen engagiert, müssen die gesamten Kosten in der Spitze tatsächlich sinken. Die neue Regulierung muss mehr sein als eine Alibiveranstaltung, um das deutsche Provisionssystem in Brüssel zu erhalten. Sehr hohe Kosten, wie sie die BaFin gerade im Vertrieb von fondsgebundenen Policen ermittelt hat, sollten nicht mehr hingenommen werden.

Man wird sehen, ob der Ansatz der BaFin geeignet ist, die immer noch hohen Vertriebskosten in der deutschen Lebensversicherung zu begrenzen. Das wäre eine echte sozialpolitische Großtat. 2021 erreichten die Abschlussaufwendungen mit 8,3 Mrd. Euro immerhin einen neuen Höchstwert. Wenn das BaFin-Konzept außerdem noch dabei hilft, das Provisionssystem in Deutschland zu erhalten, wäre das für die Branche, die sich traditionell nicht mit laufenden Vergütungen oder gar Beratungshonoraren anfreunden kann, ein schöner Nebeneffekt.

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