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Mit der Vorzugsrente die Verrentungspflicht bewahren

1. Mai 2024

Dr. Marc Surminski |

Die lebenslange Rentenzahlung ist in der Altersvorsorge das Alleinstellungsmerkmal der deutschen Lebensversicherer. Kein Wunder, dass sie seit Sommer 2023 gegen die Vorschläge der von der Bundesregierung eingesetzten Reformkommission Sturm laufen. Die sehen eine Abkehr vom Verrentungszwang in der Altersvorsorge und stattdessen Auszahlungen von Renten kalkuliert nur bis zum 85. Lebensjahr vor. Das Bundesfinanzministerium hat Sympathien für diese Vorschläge erkennen lassen, und die Fondsindustrie sieht sich gegenüber den Versicherern im Vorteil bei der zukünftigen geförderten Altersvorsorge.

Die Lebensversicherer werden zu Recht nicht müde, die Fahrlässigkeit einer solchen Lösung anzuprangern. Würden Leistungen nur bis zum Endalter 85 kalkuliert, stünde ein erheblicher Anteil der künftigen Rentner angesichts der gestiegenen Lebenserwartung im hohen Alter ohne zusätzliche Rentenleistungen da. Dieses Argument sollte der Staat, der sich wie bei Riester und Rürup mit substantiellen Geldmitteln am Aufbau einer neuen zusätzlichen Vorsorge engagieren wird, nicht ignorieren.

Allerdings macht ein herkömmlicher Verrentungszwang die Altersvorsorge für einen Teil der Kunden weniger attraktiv: Menschen mit chronischen gesundheitlichen Beschwerden, Menschen aus einkommensschwachen Schichten und mit gesundheitsbelastenden Berufen leben kürzer und bekommen weniger Geld aus ihren Rentenverträgen. Auch wenn Risikogewinne zu 90% zurück ins Kollektiv fließen – für Kunden aus den genannten Gruppen ist die private Rente ein schlechteres Geschäft als für Menschen aus guten Risikogruppen.

Diese soziale Komponente einer geförderten Vorsorge darf nicht ignoriert werden. Wer aus gutem Grund einen Verrentungszwang fordert, muss sich auch Gedanken darüber machen, wie Personen mit eher schlechtem Risiko angemessen von einer geförderten Altersvorsorge profitieren können. Eine Lösung ist die Vorzugsrente. Sie zahlt gesundheitlich angeschlagenen Menschen mit geringerer Lebenserwartung eine höhere monatliche Rente aus. Im deutschen Markt hat sich die Vorzugsrente nie durchgesetzt – obwohl sie insbesondere für Riester und Rürup mit dem strikten staatlichen Verrentungsgebot eine sinnvolle Alternative gewesen wäre, damit auch Menschen mit gesundheitlichen Problemen im Alter von den mit Steuergeldern geförderten Produkten angemessen profitieren können.

Als in Großbritannien vor Jahren für den Beginn des Ruhestandes ein Verrentungszwang für staatlich geförderte Vorsorgeprodukte vorgeschrieben wurde, antworteten die Lebensversicherer mit dem Konzept der Vorzugsrente. Wenn die Branche jetzt in Deutschland für den Fortbestand von lebenslangen Rentenzahlungen kämpft, hätte sie mit der Vorzugsrente gegenüber der Politik ein gutes Argument. Auch kranke Menschen würden dann angemessen von ihrer Einzahlung in zusätzliche Vorsorge profitieren. Für die Lebensversicherung als kollektives Vorsorgemodell käme durch die Vorzugsrente zwar ein Element der Individualisierung in das Geschäftsmodell, und die Risikogewinne, von denen ja immerhin 10% den Unternehmen zustehen, würden schrumpfen. Wenn aber damit die lebenslangen Rentenzahlungen in einer zukünftigen Altersvorsorgewelt erhalten werden könnten, wäre das wohl ein angemessener Preis.

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