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Neue Chancen in der Klimapolitik

15. Mai 2021

Dr. Marc Surminski |

Das Bundesverfassungsgericht hat den neuen Takt mit seinem Urteil zur Umweltpolitik vorgegeben – Regierung und Wirtschaft versuchen nun, Schritt zu halten. Wohl selten hat ein Urteil aus Karlsruhe eine Bundesregierung so schnell in Bewegung gebracht. Weil die Verfassungsrichter die bisherige Klimapolitik Deutschlands für unzureichend halten, geht die große Koalition jetzt daran, sie im Handstreich zu ändern. Niemand will sich vor der Wahl nachsagen lassen, zu wenig Engagement im Kampf gegen den Klimawandel zu zeigen. Und weil ihnen die Grünen mit glänzenden Umfragewerten im Nacken sitzen, müssen Union und SPD den Wählern demonstrieren, dass sie es auch können. An der Klimafront, so sieht es jedenfalls im Moment aus, wird die nächste Wahl entschieden. So könnten die Grünen tatsächlich die Mehrheit erobern – es sei denn, bis dahin schieben sich andere Themen in den Vordergrund, und der Wille der Wähler zum unbedingten Wechsel wird schwächer. Dann hätten auch bewährte, ältere weiße Männer wie Laschet und Scholz noch eine Chance.

Die deutschen Versicherer haben die Herausforderung Klimawandel längst angenommen. Der GDV positioniert die Branche in Berlin gegenüber der Politik als Verbündeter im Kampf gegen die Erderwärmung und formuliert ehrgeizige Klima-Ziele. Etliche Versicherer, vor allem die großen, börsennotierten Unternehmen, agieren in Sachen Nachhaltigkeit schon seit längerem im Schulterschluss mit internationalen Kollegen und folgen etwa in der Kapitalanlage den Vorgaben der von ihnen ins Leben gerufenen Net Zero Insurance Alliance.

Heikler ist aber die Frage, wie man künftig mit der Versicherung von umweltschädlichen Risiken umgehen soll. Hier geht es nicht um eine Umschichtung von Kapitalanlagen, sondern in letzter Konsequenz auch um die Aufgabe von Geschäft – in der Industrie und Gewerbeversicherung im Einzelfall sogar um viel Geschäft. Daher sind die Ziele bislang vorsichtiger und langfristiger formuliert als bei den Kapitalanlagen. Es geht hier um den Kernbereich der Assekuranz, der bisher von dem Glaubenssatz geprägt war, dass man alles versichern kann, wenn Prämie und Risiko in einem vernünftigen Verhältnis stehen. Dieser Satz gilt jetzt nicht mehr, weil die Branche übergeordneten politischen und gesellschaftlichen Zielen folgen will, und nicht mehr nur dem traditionellen Versicherungsprinzip.

Es bleibt die Frage ist, ob das am Ende genug ist. Es gibt Zweifel, ob die Pariser Klimaziele überhaupt noch erreichbar sind, wenn etwa für den größten CO2-Emittenten China erst im Jahr 2030 der Höhepunkt seiner Emissionen erwartet wird. Klimaneutralität in einzelnen Ländern womöglich schon früher als geplant zu erreichen wird dann kaum dazu beitragen, die Erderwärmung tatsächlich auf ein erträgliches Maß zu begrenzen.

Experten wie Ernst Rauch, Chefklimaforscher der Munich Re, fordern daher, dass sich die Versicherer nicht nur bei der Reduzierung von CO2-Emissionen engagieren, sondern auch Instrumente fördern, mit denen man aktiv der Umwelt die bestehenden schädlichen Emissionen entzieht. Ausstieg und Verzicht reichten nicht aus. In Deutschland konzentriert man sich unter Druck der Umwelt-Aktivisten aber vor allem auf Reduzierung bzw. Vermeidung von Emissionen – technische Lösungen zur Beseitigung vorhandener Emissionen stehen im Land der Ingenieure bislang eher nicht im Mittelpunkt. Die Assekuranz kann mit ihrem Know-how in der Einschätzung des CO2-Risikos und bei der Versicherung von neuen Techniken, aber auch als Kapitalgeber dafür sorgen, dass diese Strategie künftig mehr Bedeutung gewinnt. Damit wird die Branche im Kampf gegen den Klimawandel vom Disabler künftiger Emissionen zum Enabler wirkungsvoller Maßnahmen gegen bestehende Emissionen.

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