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Paradigmenwechsel in der Vermittler-Regulierung?

1. Juli 2025

Dr. Marc Surminski |

Seit Jahren beklagen die Vermittlerverbände gebetsmühlenartig die Überbürokratisierung der Beratung und fordern Vereinfachungen, um Kunden und Vermittlern das Leben zu erleichtern. Jetzt hat auch die europäische Aufsicht erkannt, das Vereinfachungen im Beratungsprozess Vorteile für die Kunden bringen können. In einem bemerkenswerten Akt von Selbstkritik hat EIOPA-Chefin Petra Hilkema das Problem kürzlich auf den Punkt gebracht, nachdem eine EU-weite Mystery-Shopping-Aktion im Bereich der Altersvorsorge nur zu durchwachsenen Ergebnissen geführt hatte: „Wir müssen genauer untersuchen, ob die zahlreichen Anforderungen, die im Laufe der Zeit im Vertriebsprozess eingeführt wurden, unbeabsichtigt zu weniger vorteilhaften Ergebnissen für die Verbraucher geführt haben.“

Das ist ein mutiges Eingeständnis der Tatsache, dass mehr Vorgaben für die Beratung nicht automatisch eine bessere Beratung bringen. Die europäische Aufsicht ist damit offenbar am Ende einer Entwicklung angelangt: Seit vielen Jahren wurden die Vorgaben für die Kalkulation und den Vertrieb von Altersvorsorgeprodukten immer umfangreicher und strenger. Sinnbildlich steht dafür das Thema Nachhaltigkeit. Hier wurde mit einem Wust von Vorgaben, die sich teilweise kaum zu einem schlüssigen Ganzen fügen, die Dinge so verkompliziert, dass der Frust selbst bei engagierten Vermittlern groß ist.

Längere und detailliertere Beratungen hätten nicht zu besseren Ergebnissen aus Kundensicht geführt, erklärte nun die EIOPA. „Das deutet auf die Notwendigkeit hin, die Verkaufsprozesse zu vereinfachen.“ Jetzt will die europäische Aufsicht einen stärker ergebnisorientierten Ansatz bei Beratungs- und Verkaufsgesprächen prüfen. Der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl hätte das volkstümlich so zusammengefasst: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“

Kommt es nun nach vielen Jahren einer strengeren Regulierung zu einem Paradigmenwechsel im Vertrieb? Deutsche Versicherer und Vermittler sollten sich nicht zu früh freuen. Denn im Rahmen der Mystery-Shopping-Tour der EIOPA hat auch die BaFin Testkäufer losgeschickt. Auch hier waren die Ergebnisse nach Medienberichten nicht zufriedenstellend. Die deutsche Aufsicht hat Mängel festgestellt – aber offenbar vor allem im Umgang mit der sogenannten Kundenexploration: Wichtige Kriterien wie Erfahrung mit Produkten, gewünschte Anlagedauer, Risikobereitschaft, Nachhaltigkeit oder finanzielle Situation seien oft nicht oder nur oberflächlich abgefragt worden. Zudem habe es in der Dokumentation Mängel gegeben, Pflichtinfos wie das Basisinformationsblatt und die vorgeschriebene Aufklärung der Testkäufer zum Thema Nachhaltigkeit fehlten häufig.

Im Hauptfokus der BaFin-Aufmerksamkeit standen offenbar die Unzugänglichkeiten der Vermittler bei der Umsetzung der Beratungsvorgaben. Während die EIOPA über Vereinfachungen im Sinne der Kunden nachdenkt, denkt die deutsche Aufsicht eher an eine bessere Durchsetzung der regulatorischen Vorgaben. Die EIOPA hat das Ergebnis im Fokus, die BaFin den Prozess. Dass aber ein vereinfachter Prozess womöglich zu besseren Ergebnissen für die Kunden führt, sollte auch die deutsche Aufsicht nicht aus den Augen verlieren. Es ist an der Zeit, den Regulierungs-Overkill in der Vermittlung kritisch zu überprüfen.

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