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Unter Rendite-Druck

15. Dezember 2022

Dr. Marc Surminski |

Ist das die gute Nachricht, auf die alle gewartet haben? Einige Lebensversicherer heben ihre Überschussbeteiligung für 2023 leicht an. Die Erhöhungen sind eher kosmetischer Natur – aber sie sollen ein deutliches Signal setzen: Die jahrelange Talfahrt ist vorüber; mit der Zinswende stehen die Zeichen bei den Lebensversicherern wieder auf Renditeerhöhung. Und die Branche bleibt im Kampf um die Vorsorgegelder der Deutschen konkurrenzfähig.

Dabei ist die aktuelle Entwicklung der Überschussbeteiligung auch ein Zeichen dafür, welche Probleme die Lebensversicherer umtreiben. Eigentlich dürften sich viele nämlich darauf eingestellt haben, für 2023 die Sätze konstant zu halten und die höheren Renditen bei Neuanlagen nicht gleich im Wettbewerb um Neugeschäft einsetzen zu müssen. Daraus wird nun nichts: Weil der Marktführer Allianz in die Offensive gegangen ist, geraten die übrigen Lebensversicherer unter Zugzwang. Manche schwächeren Versicherer können sich eine Erhöhung kaum leisten; und höhere Zinsen gibt es ja ohnehin nur für den überschaubaren Bereich der Neuanlagen. Die extrem kapitalkräftige Allianz, die schon länger stark auf alternative Anlagen setzt, dürfte keine Probleme damit haben, jetzt den Kunden mehr zu bieten.

Aber das muss sie auch, wenn sie im Geschäft mit Einmalbeiträgen erfolgreich sein will. Hier steht die gesamte Branche unter Druck. Seit der Zinswende haben Kunden, die in den letzten Jahren viel Geld für Einmalbeitragspolicen investiert haben, wieder attraktive Alternativen. Um dieses Geschäft zu bewahren, das jahrelang für ein zuvor ungekanntes Neubeitragsniveau der deutschen Lebensversicherer sorgte, muss die Überschussbeteiligung angehoben werden.

Die Zinswende bedroht aber nicht nur das Neugeschäft, sondern auch die Bestände. Wenn anderswo höhere Zinsen locken, dürften etliche Kunden aus ihren in den letzten Jahren abgeschlossenen Einmalbeitragspolicen aussteigen. Hier könnte sich für Gesellschaften, die mit Einmalbeiträgen stark gewachsen sind, dann womöglich sogar ein Liquiditätsproblem auftun, wenn immer mehr Geld abfließt und dafür niedrigverzinste Anlagen aus den letzten Jahren aufgelöst werden müssen – natürlich mit Verlust. Eine höherer Überschussbeteiligung ist also auch eine nötige Maßnahme, um die Bestände zu stabilisieren.

Es ist schon paradox: Die höheren Zinsen, seit Jahren sehnsüchtig herbeigesehnt, retten die Lebensversicherer aus ihren Garantienöten. Weil die Zinsen aber so schnell gestiegen sind, stellt das die Branche vor neue Probleme. Sie haben das beispiellose Zinstief mithilfe von Politik und Aufsicht bemerkenswert stabil überstanden. Jetzt müssen sie beweisen, dass sie sich auch in einem völlig veränderten Zinsumfeld behaupten können. Hier ist das kollektive Modell, das auf langfristigen Ausgleich von Marktschwankungen ausgerichtet ist, zunächst einmal im Nachteil, weil es die starke Aufwärtsbewegung der Zinsen nicht so schnell für die Kunden nutzbar machen kann.

Wenn es anderswo deutlich mehr Zinsen gibt, bricht ein zentrales Verkaufsargument der Branche weg, das in Zeiten des Zinsverfalls immer gezogen hat. Angesichts gewaltiger Inflationsraten ist allerdings die Frage, welche Rolle die klassische Überschussbeteiligung in nächster Zeit überhaupt noch spielt. Eine offensive Anlage in Sachwerte mit überschaubaren Garantieelementen ist momentan der einzige Weg, um angesichts der aktuellen Inflation langfristig sinnvoll für das Alter vorzusorgen. Hier ist die Konkurrenz einer direkten Anlage in Fonds aber groß. Auf die Investmentkompetenz beziehungsweise die richtige Fondsauswahl wird es künftig ankommen, und nicht auf die Überschussbeteiligung aus einer Kapitalanlage, die im Kern für die nächsten Jahre bei niedrigen Zinserträgen eingeloggt bleibt.

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