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Warum die Insurtechs in Deutschland hinter den Erwartungen zurückbleiben

1. Dezember 2023

Dr. Marc Surminski |

Insurtechs in Deutschland – das ist bislang keine glänzende Erfolgsgeschichte. Vor einigen Jahren hatten vor Selbstbewusstsein geradezu platzende Startup-Gründer die Revolution für den Versicherungsmarkt ausgerufen. Es schien nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis die großen Versicherer mit ihren IT-Altlasten aus der Computer-Steinzeit in die Knie gehen würden. Das ist nicht passiert. Bis auf einige Spezialanbieter haben Insurtechs mit Versichererlizenz im deutschen Markt wenig erreicht. Auch im Bereich Vertrieb waren die Newcomer kaum erfolgreich. Etabliert haben sich vor allem diejenigen Insurtechs, die mit technischen Detaillösungen den traditionellen Versicherern zuarbeiten. Mit einer Disruption des Marktes hat das wenig zu tun.

Zwei wesentliche Gründe sind zu erkennen, warum der Insurtech-Boom in Deutschland keine so große Wirkung hatte. Zum einen nahmen viele der etablierten Versicherer die digitalen Herausforderungen an und schufen selbst innovative Lösungen – auch mit hauseigenen Insurtech-Gründungen. Trotz der zweifellos gewaltigen Probleme gerade beim Umbau der IT-Altsysteme: So schlecht haben es viele Versicherer eben doch nicht gemacht. Zwar dürfte aus ihnen kaum jemals ein Amazon der Assekuranz werden, aber für die Bedürfnisse der meisten Kunden reicht es offenbar.

Genau das ist der zweite Grund dafür, dass die große Disruption ausgefallen ist. Die Beharrungskräfte im deutschen Versicherungsmarkt sind deutlich stärker, als viele Strategen und Branchenkritiker das erwartet hatten. Die Bestände sind weitgehend stabil und geben den Versicherern noch auf viele Jahr eine solide Geschäftsbasis. Ihre Vertriebe halten sie zudem weiter im Spiel – egal ob nun traditionell vor Ort beim Kunden oder immer stärker auch über digitale Kanäle.

Und bei den Kunden ist die Bereitschaft eher gering, zu digitalen Newcomern zu wechseln. Die meisten sind offenbar zufrieden mit dem, was sie haben – auch mit dem digitalen Angebot. Jedenfalls ist es wohl nicht so schlecht, als dass die Kunden in Scharen flüchten und zu den Ottonovas und Wefoxes dieser Welt wechseln würden. (Wobei der Ausflug von Wefox in das Versicherungsgeschäft auch bereits wieder vorbei ist.)

Erfolgreicher waren diejenigen Insurtechs, die nicht gegenüber den etablierten Versicherern auf Konfrontationskurs gegangen sind und deren Chefs sich nicht als Branchenzertrümmerer à la Elon Musk aufgeführt haben. So könnte etwa Neodigital über ein Joint Venture mit dem Kfz-Marktführer HUK-Coburg für die Zukunft in Umsatzbereiche vordringen, von denen die meisten anderen Insurtechs hierzulande bislang nur zu träumen wagten.

Angesichts der Zinswende dürften künftig die Investitionen für neue Insurtechs eher schrumpfen. Und so mancher bisherige Investor wird auch in Deutschland über eine Exitstrategie nachdenken. Weil sich aber die Versicherer bei uns eher reserviert zeigen, was die Übernahme von Insurtechs nach der ersten Phase im Markt angeht, sind auch hier die Aussichten eher trübe, und so manche Investition wird am Ende ein Schlag ins Wasser gewesen sein.

Für den Markt insgesamt hatte der große Insurtech-Hype der letzten Jahre aber auf jeden Fall etwas Gutes: Der Druck der Newcomer führte dazu, dass sich die etablierten Versicherer deutlich schneller bei der Digitalisierung bewegt haben. Am Ende kann die Branche den digitalen Revolutionären für diesen Antrieb dankbar sein. Und sie kann sich gleichzeitig freuen, dass es mit der Umwälzung des deutschen Versicherungsmarktes eben doch viel langsamer vorangeht als gedacht und die Versicherer deutlich mehr Zeit haben, die digitale Transformation selbst zu gestalten.

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