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Im Griff der Inflation

1. Juni 2022

Dr. Marc Surminski |

Die dramatische Rückkehr der Inflation treibt die deutschen Versicherer um. Die aktuelle Managergeneration hat keine praktischen Erfahrungen mit einer derartig massiven Verteuerung – und die meisten Kunden auch nicht. Jahrzehnte mit hoher Preisfestigkeit bei gleichzeitig niedrigen Zinsen haben in Deutschland trotz mancher Krise die Illusion von immerwährender Stabilität genährt. Jetzt muss man sich quasi über Nacht in einer neuen, feindlichen Umgebung zurechtfinden.

Die Lebensversicherer stehen vor der Herausforderung, die Kunden weiter zu langfristiger Altersvorsorge zu motivieren – wenn diese gerade erleben, dass die Erträge der bestehenden Verträge (egal ob klassisch oder fondsgebunden) angesichts von Inflationsraten über 7% pulverisiert werden. Die häufig empfohlene Flucht in Sachwerte könnte am Ende bedeuten, dass mehr Kunden in die direkten Fondsanlagen gehen, weil die Garantiemechanismen der Fondspolicen vor dem Hintergrund der Geldentwertung deutlich unattraktiver werden. Eine Rückkehr der Klassik erscheint unwahrscheinlich, auch wenn es für die Kapitalanleger der Lebensversicherer inzwischen auf Rentenpapiere wieder höhere Zinsen gibt (die allerdings nicht ansatzweise zum Inflationsausgleich reichen).

In der Krankenversicherung wird die Inflation erst mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung durchschlagen. Schon lange setzt die spezielle Inflation bei den medizinischen Leistungen der PKV zu. Die Leistungsausgaben sind in Corona-Zeiten zwar nur verhalten gestiegen – das dürfte sich aber bald ändern und die PKV vor die Frage stellen, wie sie hier künftig mit der Kapitalanlage gegenhalten kann.

Am stärksten spüren die Kompositversicherer bereits die Inflation. Bei ihnen kommt momentan Pest und Cholera zusammen. Das letzte Jahr hat mit „Bernd“ Rekordschäden im Elementarbereich gebracht. Und die Aufwendungen für noch nicht abgewickelte Schäden aus diesem Katastrophenjahr steigen nun wegen der Inflation, die gerade im Baugewerbe besonders stark ausfällt, noch einmal kräftig an. Versicherer wie der HDI rechnen daher mit einem um 7% Prozent höheren Schadenaufwand aus „Bernd“ und nehmen entsprechende Nachreservierungen vor. Dabei war die Inflation in Wohngebäude durch steigende Immobilienpreise und verteuerte Handwerkerleistungen schon früher höher als in anderen Bereichen – jetzt dürfte sie noch einmal dramatisch zunehmen. Auch in Kfz werden die Reparaturkosten weiter kräftig steigen. Original-Ersatzteile der Hersteller kosten aktuell nach Angaben großer Kfz-Versicherer um rd. 20% mehr als im Vorjahr. Welche Folgen die Inflation auf langfristige Haftpflichtschäden haben wird, kann man momentan noch kaum abschätzen.

Die Entwicklung stellt die Versicherer vor ein Dilemma: Die Prämien etwa in Wohngebäude müssten schon wegen der großen Schäden in 2021 spürbar steigen. Nun verlangt die Inflation aber sogar einen noch stärkeren Prämienzuschlag. Viele Versicherer fürchten, dass die Kunden angesichts ihrer hohen aktuellen Belastungen allein im Bereich der Energiepreise vermehrt Verträge stornieren, um irgendwie Ausgaben zu sparen. Die „Zeitenwende“ durch den Ukraine-Krieg könnte als so zu erheblichen Einbrüchen in Bestand und Neugeschäft führen. Auch für die Assekuranz, so viel steht fest, sind die ruhigen, fetten Jahre der Vergangenheit erst einmal vorbei.

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